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Gebärdenlexikon: Wörterbücher für Gebärdensprache – Sprachbarrieren überwinden

Gebärdenlexikon: Wörterbücher für Gebärdensprache - Sprachbarrieren überwinden

Jeder kann sich wohl vorstellen, was mit dem Begriff Sprache gemeint ist. Immerhin kommunizieren die meisten Menschen täglich miteinander, was zumindest augenscheinlich gut zu funktionieren scheint. Doch eigentlich sind Sprachen sehr komplex, was bereits für eine einzige Art gilt. Dahinter verbirgt sich ein System von Zeichen und Regeln, die der Kommunikation dienen und mit denen Informationen ausgetauscht werden können. Das gesprochene Wort ist also nur ein Aspekt möglicher Sprachen.

Doch Gebärdensprachen sind ein gutes Beispiel dafür, dass Informationsaustausch auch anders stattfinden kann. Sie dienen in erster Linie gehörlosen und schwerhörigen Menschen, was aber mitnichten heißt, dass nur diese die Gebärdensprachen erlernen sollten. Im Gegenteil, denn eine Gesellschaft, in der solche Sprachen normaler werden, kann insgesamt gestärkt werden. Daher gibt es in diesem Artikel zu erfahren, warum Gebärchesprachen und Lexika so wichtig sind.

Wie funktioniert Gebärdensprache?

Wer sich noch nie damit beschäftigt hat, der wird sich vielleicht fragen, wie eine Gebärdensprache eigentlich funktionieren kann. Natürlich kann sich jeder leicht vorstellen, dass bestimmte Gesten für bestimmte Informationen sorgen, aber wie können komplexe und vielseitige Inhalte übermittelt werden? Dabei ist auch zu beachten, dass es verschiedene Sprachen dieser Art gibt. In Deutschland gibt es die DGS – die Deutsche Gebärdensprache, die in Deutschland, Belgien und Luxemburg genutzt wird. Solche Sprachen haben eine eigene Grammatik, die sich meist fundamental von gesprochenen Sprachen unterscheidet. Wichtig ist dabei, dass nicht alleine nur die Hände genutzt werden, sondern der ganze Körper zum Einsatz kommt.

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Mindestens vier Komponenten bilden zusammen eine Gebärde. Dazu gehören die Handform, außerdem die Ausführungsstelle, wo die Gebärde ausgeführt wird, dann noch die Bewegung und die Orientierung der Handfläche. Zusätzlich spielen Körperhaltung und Mimik wichtige Rollen, bei denen es darum geht, zusätzliche Funktionen, Emotionen und Unterscheidungen mit einfließen zu lassen. Verben sind oft durch kinetische Aspekte geprägt, die eine Bewegung oder Richtung anzeigen. Beispielsweise für das Verb “Gehen”, bei dem Zeigefinger und Mittelfinger nach unten haltend abwechselnd schreitende Bewegungen zeigen. Die Geschwindigkeit der Ausführung kann entsprechend für ein schnelles oder auch langsames Gehen stehen.

Darüber hinaus gibt es auch ein Fingeralphabet, was wichtig ist, um Namen, Städte oder auch Fachbegriffe zu erklären, die keine eigenen Gebärden haben. Da aber die reine Nutzung des Manualalphabets, wie es auch genannt wird, auf die Dauer langsam und ermüdend wäre, werden oft in Gemeinschaften der Sprache bestimmte Namensgebärden gebildet, die sich an charakteristischen Merkmalen orientieren. Entsprechend zeichnen sich Gebärdensprachen auch durch eine hohe Flexibilität aus, um Kurzformen zu finden. Die Mimik spielt eine sehr wichtige Rolle. Unter anderem zeigen hochgezogene Augenbrauen und ein leicht nach vorne geneigter Kopf eine Frage an.

Barrierefreiheit erreichen

Grundsätzlich ist eine offene Gesellschaft wünschenswert. Der Grund dafür ist einfach, denn dadurch ergibt sich eine Vielfalt, die letztendlich zu Stabilität und Fortschritt führen kann. Entsprechend ist einer der wichtigsten Faktoren für eine gute Gesellschaft, wie sie mit Minderheiten umgeht. Gebärdensprachen dienen gehörlosen Menschen, ebenso aber auch Menschen mit einer Schwerhörigkeit. Alleine in Deutschland sind es rund 250.000 Menschen, die von dieser Sprache Gebrauch machen. Schon 2002 wurde die Gebärdensprache offiziell in Deutschland anerkannt, auch wenn es bis dahin ein langer Weg war. Diese Anerkennung ist auf vielen Ebenen wichtig, ist aber vor allem ein wichtiger Schritt für die Barrierefreiheit.

Im Sommer trat das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Dienstleistungen und Produkte in Kraft. Es zeigt, dass viel getan wird, aber noch viel zu tun ist. Barrierefreiheit bedeutet letztendlich nichts anderes, als dass die gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen möglich ist, ohne dass unnötige Hürden im Weg sind. Das ist ein wichtiges Merkmal einer Demokratie, die stark und stabil sein will. Eine Demokratie schützt nicht nur Minderheiten, sie sorgt auch dafür, dass diese ihr Potenzial in der Gesellschaft einbringen können. Wichtig ist daher, dass nicht nur gehörlose und schwerhörige Menschen in Kontakt mit Gebärdensprachen kommen.

Top 5 Lexika für Gebärdensprache

Nicht anders als bei anderen Sprachen auch können Gebärdensprachen gelernt werden, wobei es ein reichhaltiges Vokabular gibt. Ob man die Sprache nun vollständig lernen möchte oder aber nur einige wenige Ausdrücke – Online-Lexika bieten alle Informationen, um sich näher damit zu befassen.

Gebärdensprache

SignDict

SignDict Bei SignDict handelt es sich um ein offenes Wörterbuch, an dem viele Menschen beteiligt sind und jeder dazu eingeladen ist, selbst seinen Beitrag zu leisten. Wie auf der Seite aufgeführt, ist Kommunikation der wesentliche Schlüssel einer offenen Gesellschaft, wozu man seinen Beitrag leisten möchte.

Direkt auf der Startseite gibt es eine Eingabezeile, in der man ein gewünschtes Wort eingeben kann. Daraufhin werden Vorschläge gemacht und das passende Wort kann ausgewählt werden. Anhand eines kleinen Videos kann man direkt sehen, wie die Gebärde korrekt ausgeführt wird. Kann ein Wort nicht gefunden werden, wird es als Vorschlag notiert, damit es zukünftig der Datenbank hinzugefügt werden kann.

🌐 https://signdict.org/

SignDict Gebärdensprache

Schweizer Gehörenlosenbund

Schweizerischer Gehörlosenbund SGB-FSS Eine ebenfalls gute Anlaufstation im Internet für Gebärdensprachen ist das Lexikon vom Schweizerischen Gehörlosenbund. Der Bund wurde 1946 ins Leben gerufen und fungiert als Dachverband. Ziel der Arbeit ist es, dass Barrieren abgebaut werden und das in allen Lebensbereichen, ob Bildung, Politik oder Gesundheit. In der Schweiz organisiert der Bund den Internationalen Tag der Gebärdensprache.

Die Seite des Gehörlosenbundes ist sehr umfangreich, was auch speziell für das Lexikon gilt. Hier können eine große Anzahl an Handformen entdeckt werden. Außerdem können Vokabeln eingegeben werden, die dann zu Videos führen. Praktisch ist dabei auch, dass es oft Begleitvideos gibt, die die entsprechenden Begriffe in einem ganzen Satz zeigen.

🌐 https://www.sgb-fss.ch/signsuisse/

Schweizer Gehörenlosenbund

Fachgebärdenlexikon

Fachgebärdenlexikon der Berufsbildungswerke Wenn es um bestimmte Begriffe wie Eigennamen und Fachbegriffe geht, gibt es oft keine speziellen Gebärden dafür. Entsprechend gibt es meist andere Wege, diese auf den Punkt zu bringen. Buchstabieren ist in der Regel zu umständlich, sodass andere Begriffe gefunden werden. Das Fachwörterlexikon wurde von den Berufsbildungswerken geschaffen, um Begriffe für bestimmte Berufe zu bündeln.

Erarbeitet wurde das Lexikon von den Berufsbildungswerken von Leipzig, Husum, Bigge, Nürnberg, Winnenden, Neuwied und München. Es kann ganz gezielt nach verschiedenen Berufsfeldern gesucht werden. Beispielsweise zu den Themen Baustoffkunde, Bauphysik, Hochbau, Tiefbau oder Haustechnik. Die entsprechenden Vokabeln werden nicht nur mit Videos erklärt. Daneben gibt es auch Erklärungen und Bilder, die technisch aufzeigen, um was es sich bei einem bestimmten Begriff handelt.

🌐 https://fachgebaerdenlexikon.de/de/home/

Fachgebärdenlexikon

Sign2MINT

MPG/Sign2MINT Um Fachgebärden geht es auch im Gebärden-Lexikon der Max-Planck-Gesellschaft. Unter dem Titel Sign2MINT werden insbesondere die entsprechenden MINT-Fächer behandelt – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Erstellt wurde das Lexikon vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle. Mittlerweile sind schon über 1100 Fachgebärden im Lexikon.

Die Gebärden werden auch in diesem Lexikon mit kurzen Videos erklärt. Das Ziel ist es, die Datenbank kontinuierlich zu erweitern. Ein großer Vorteil des Lexikons ist, dass nicht nur nach Worten gesucht werden kann, sondern auch nach Gebärden, die dann über eine entsprechende Seite zusammengebaut werden. Somit handelt es sich in diesem Fall sogar um ein zweisprachiges Lexikon.

🌐 https://sign2mint.de/

Gebärdensprache Sign2MINT

Wörterbuch Deutscher Gebärdensprache

Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser, Universität Hamburg Das digitale Wörterbuch der Deutschen Gebärdensprache von der Universität Hamburg bietet eine umfangreiche Sammlung an Gebärden, die auf Basis von Korpusdaten erhoben wurden. Zwischen 2010 und 2012 fanden dazu ungefähr 560 Stunden an Unterhaltungen statt, an denen 330 Gebärdennutzer teilgenommen haben. Auf Basis dieser Daten wurde das Lexikon erstellt.

Der Vorteil des Lexikons besteht darin, dass tatsächlich nur Gebärden auftauchen, die tatsächlich aus der Praxis stammen. Das bedeutet zwar auch, dass manche gängige Gebärden nicht vorzufinden sind, aber die Inhalte offiziellen Charakter haben. Entsprechende Begriffe werden mit Videos erklärt, wobei auch unterschiedliche Sichtweisen auf die Sprecher eingenommen werden können. Beim Klick auf einen Begriff gibt es weiterführende Informationen.

🌐 https://www.sign-lang.uni-hamburg.de/korpusdict/overview/index-de.html

Fazit: Gebärdenlexikon

Fazit: Gebärdenlexikon Gebärdensprachen sind heute ganz normal geworden, allerdings brauchte es in vielerlei Hinsicht einige Arbeit, damit sie auch offiziell anerkannt werden. In Deutschland ist das vor über zwanzig Jahren geschehen, in Japan dagegen wurde ein entsprechendes Gesetz erst in 2025 verabschiedet. Alleine die Deutsche Gebärdensprache wird von rund 120.000 Schwerhörigen und Hörenden sowie ungefähr 80.000 Gehörlosen genutzt. Solche Sprachen tragen ihren Teil zur Barrierefreiheit bei. Dabei ist es nicht nur wichtig, dass Betroffene die Sprache lernen. Wer beispielsweise Familienmitglieder, Freunde oder Kollegen hat, kann ebenfalls einige Grundkenntnisse durch Online-Lexika erwerben.